Archiv der Kategorie: Ernst Weber (06.02.1913-29.04.1944)


Oskar Münzer: Brief an Karl Weber wegen Ernst Weber (20.06.1944)

O.U., den 20.6.1944.

Leutnant Oskar Münzer
34541

 

Lieber Kamerad Weber.

Als Zugführer Ihres Bruders bei dem Einsatz, bei dem er sein Leben lassen musste, habe ich es übernommen, Ihnen diesen Brief zu beantworten. Am 29.4.1944 war die Kompanie zu einem Angriff zur Verengung eines kleinen russischen Brückenkopfes über den Dnjestr eingesetzt. Um 10 Uhr wurde mit Sturmgeschützen zum Angriff angetreten. Die Kompanie gewann schnell Gelände und brach in die russischen Stellungen ein. Ihr Bruder hat dabei hervorragenden Mut und größte Kaltblütigkeit bewiesen. Als er zwei Russen, die in ihrem Loch saßen, mit vorgehaltener Waffe aufforderte, herauszukommen und sich zu ergeben, wurde er von einem Streifschuss am Kopf leicht verwundet. Er hat sich daraufhin selbst verbunden und lehnte es ab, zurückzugehen. Nachdem das befohlene Angriffsziel erreicht war, wurde die erreichte Linie von uns besetzt und wir begannen uns einzugraben. Während des Angriffs und auch jetzt lagen wir unter starkem feindlichen Artillerie- und besonders Granatwerferfeuer, sodass größere Verluste auftraten. Gegen 15 Uhr schlug in unmittelbarer Nähe Ihres Bruders eine Granatwerfer-Granate ein. Ein Splitter davon drang in der Schläfengegend in seinen Kopf und führte sofort den Tod herbei. Als wir gegen 19 Uhr abgelöst wurden, nahmen wir unseren toten Kameraden mit zurück und haben ihn noch am gleichen Tage begraben. westlich Purkari, an der Straße Antonesti – Purkari, fand er seine letzte Ruhe. Purkari liegt am unteren Dnjestr.

Allen seinen Kameraden und besonders mir war der Heldentod Ihres Bruders sehr schmerzlich. Ich spreche Ihnen mein aufrichtiges Beileid aus. Indem ich Ihnen für Ihre fernere Soldatenzeit viel Glück und eine gesunde Heimkehr wünsche, verbleibe ich mit kameradschaftlichem Gruß.

 

Ihr Oskar Münzer

Karte von Purcari am DnjestrDiese Karte haben die Kameraden von Ernst Weber gezeichnet und dem Brief beigelegt. Auf den modernen Luftbildaufnahmen sind die damaligen Schützengräben auch heute noch zu sehen.

Briefumschlag mit Feldpostnummern 23542 34541